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Wie weniger einsam sein im Entzug?

Erste Wochen Rubrik: Erste Wochen

Seite 1 (Beiträge 1 bis 10 von 39)

Beitrag 1 (Mittwoch, der 15. März 2023 - 08:44 Uhr)
Jirro (Ni-dan|1 Beiträge):
Liebe Mitabhängigen, ich bin seit dem 3. Januar clean (kann meinen Rechner hier nicht konfigurieren), hatte vorher so 15 Zigaretten am Tage geraucht, und bin im letzten Jahr mit dem Versuch, den Konsum auf die Hälfte zu reduzieren, kläglich gescheitert, d.h., erstmal gelang es, im Urlaub und um den Preis, ständig gedanklich damit beschäftigt zu sein (statt auch ein wenig mit meiner Partnerin). Nun also ganz aufhören, und ohne wirkliche Unterstützung, weder mein Hausarzt noch die Fachärzte konnten mir jemanden benennen, der für eine Begleitung zur Verfügung stünden. Eine Fachärztin und mein Hausarzt erzählten mir immerhin, wie sie aufgehört hätten. Für mich ist Nikotin anscheinend eine Arbeits- und Strukturierungsdroge, dementsprechend deprimiert war ich auch in den ersten Wochen über meine Arbeitsfähigkeit, fand aber die Theorie, alles würde wieder besser, könnte ich nur eine Zigarette rauchen, auch einigermassen verrückt, glücklicherweise… Ich las dann die beiden Bücher von Carr und…

Beitrag 2 (Mittwoch, der 15. März 2023 - 08:50 Uhr)
Jirro (Ni-dan|2 Beiträge):
Spitzer noch einmal, und frage mich nun, ob meine Deprimiertheit auch mit dem (gelegentlichen) Gebrauch von Nikotindragees zusammenhängen mag? Beide Autoren raten ja entschieden von Nikotinersatz ab, Carr schreibt sogar von »Doom and Gloom« , wenn man die Zigarette durch nikotinhaltige Ersatzprodukte ersetzt, der Entzug beginnt ja mit dem Ausrücken, bzw. dem Zu-Ende-Lutschen. Ich habe jedenfalls vor 12 Tagen auch mit den Dragees aufgehört, und es geht etwas besser mit den deprimierten Stimmungen. Der körperliche Gewinn ist übrigens beinahe vom ersten Tag fühlbar, kein Husten mehr, ein längerer Atem, irgendwie »normal«. Dementsprechend starke Schamgefühle, so lange geraucht zu haben.

Beitrag 3 (Mittwoch, der 15. März 2023 - 12:56 Uhr)
Kranichin (Yon-dan|93 Beiträge):
Hallo Jirro,👋 erstmal meinen Glückwunsch zu Deinen bald 4 Monaten als FrischluftatmerIn! Ganz toll, dass Dir das gelungen ist! 👍🏻 Ja, das mit dem reduzierten Konsumieren klappte bei mir auch nicht. Find ich auch nchvollziehbar. So bringt an sich dazu, nur länger hinter der „Möhre“ her zu hecheln und gerät noch intensiver in Stress. Also sofort ganz aufhören. So hat das ganze leibliche System wirklich die Chance, sich an das Leben ohne diesen Stoff zu gewöhnen und sich umstellen zu können Richtung wieder natürliches Zusammenspiel. Naja, Deinen Versuch, es mit Ersatzmitteln besser hin zu bekommen, kann ich verstehen. Wir sind halt süchtige, abhängige – nach im Außen Beruhigung suchende Menschen und da ist uns alles recht, was uns unseren inneren Mangel an Halt nicht spüren und diesen Schmerz darüber verdrängen lässt. Doch auch solche Ersatzstoffe

Beitrag 4 (Mittwoch, der 15. März 2023 - 12:56 Uhr)
Kranichin (Yon-dan|94 Beiträge):
(egal ob nikotin- oder zuckerhaltig oder Tätigkeiten wie Arbeiten, Sport usw. usw.) sind alle nur eine Illusion, dass unser Leben angenehmer und emotional schmerzfreier ist. Konsum von Nikotin oder Anderem ist ja eben nicht einfach nur eine lästige Angewohnheit, sondern ein komplexer Ausdruck von chronischem Stress und dem verzweifelten Suchen nach Regulation/Beruhigung. Leider wird Nikotinabhängigkeit nach wie vor nicht wirklich ernstgenommen, auch nicht innerhalb d. Gesundheitssystems, d.h. auch nicht von ÄrztInnen. (Was für einen Facharzt meintest Du?) Und so gibt es außer Kursen keine wirkliche professionelle Unterstützung auf der Beziehungsebene. Das ist erschreckend! Doch der Staat verdient eine Menge über die Steuern dieser legalisierten Droge und über das Gesundheitssystem ebenfalls, denn von Heilung abhängige (!) Menschen sind auch hier sehr profitabel.

Beitrag 5 (Mittwoch, der 15. März 2023 - 12:56 Uhr)
Kranichin (Yon-dan|95 Beiträge):
Es lohnt sich, sich u.a. mit der Polyvagaltheorie nach Steven Porges und dem autonomen Nervensystem zu beschäftigen. Mein Versuch in Kurz bzgl. zeitversetzter Depression: Der Konsum bewirkt ja in Wahrheit Stress aufgrund ständig eingeleitem Entzug. Das auton. Nervensyst. gerät in Stress/der Sympathikus ist überaktiv: Übererregung (Angst, innere Unruhe, Stresshormone, die Kampf/Flucht unterstützen u.v.m.). Dauert dieser Zustand zu lange an, wird der dorsale Parasympathikus überaktiv: Untererregung (Depression (!), Erschöpfung, Stresshormone, die Totstellen unterstützen). Die Dysregulationsschleife ist komplett. Damit sich unser aut. NS regulieren kann, müssen wir den ventralen Parasympathikus aktivieren (soz. Kontakt suchen, alles, was unsere Verbundenheit mit uns, anderen Lebewesen inkl. der Natur spürbar macht, tun. Tief atmen, den Vagusnerv durch Übungen stimulieren…

Beitrag 6 (Mittwoch, der 15. März 2023 - 12:57 Uhr)
Kranichin (Yon-dan|96 Beiträge):
Gute anschauliche Erklärungen bzgl. auton. Nervensystem und Stress, finde ich, gibt‘s u.a. hier: 1. „Das Erleben von Sicherheit“: https://www.youtube.com/watch?v=8X6PLMJJNPg 2. „Polyvagal-Kreis“: https://www.youtube.com/watch?v=Gu72-gwO9Hs –- Ich erlebe es auch so, dass etliche körperliche Symptome sofort beginnen zu verschwinden nach mit Beginn der Abstinenz. Auch ich halte mir das vor Augen, wenn eine Verlangenswelle über mich schwappt. Wie bescheuert wäre es, diese beginnende Regeneration wieder zunichte zu machen?! Ja, diese Scham kenne ich auch, Jirro. Doch ist sie eigentlich unangemessen. Es hatte einen Grund, warum wir damals nach künstlicher Beruhigung gesucht haben. Hätten wir den Mangel anders ausgleichen können, hätten wir das getan. Und so brauchen wir eigentlich, dass wir uns mit Mitgefühl begegnen und nun endlich liebevolle Selbstfürsorge ausdrücken.

Beitrag 7 (Mittwoch, der 15. März 2023 - 12:58 Uhr)
Kranichin (Yon-dan|97 Beiträge):
Das gilt es, jetzt zu lernen, inkl. uns wertzuschätzen u. anzunehmen, wie wir sind. Ist alles leichter gesagt als umgesetzt, wie ich selbst aus Erfarung weiß. Und es ist ein langwieriger Prozess. Doch Du, wir sind auf dem Weg. 🌞👣 Ich kenne Depression auch von mir und weiß um den Wert von Kontakt u.a. mit Menschen, die wirklich verstehen, im besten Fall Selbsterfahrung haben oder wenigstens sich einfühlen können. Schön, dass Du hier bist und Dich verbindest. 😊👋

Beitrag 8 (Donnerstag, der 16. März 2023 - 09:48 Uhr)
Jirro (San-dan|3 Beiträge):
Liebe Kranichen, herzlichen Dank für die Ermutigungen hier, und auch andernorts im Forum! Ich finde diesen Aspekt des Verleugnens der zwischenmenschlichen Abhängigkeit, der im Konsum von immergleichen Nikotinstäbchens liegt, nicht zu vernachlässigen. Wahrscheinlich ist man (und frau wohl auch) ein klein wenig abhängiger von anderen als in der süchtigen Realität!? Danke für die Hinweise auf die Regulationen des Nervensystems! Erst einmal überzeugend, frage ich mich dann doch, ob einen Theorie ohne den Anderen, monadisch, vollständig sein kann. Schliesslich ist ja bereits unsere embryonale Entwicklung von der Stimulation der Anderen abhängig. Die Scham ist so eine Sache, erst recht ein Grund, bei der Abstinenz zu bleiben, aber steht sie auch für eine Wahrnehmung der verächtlichen Züge der Sucht (die anderen können mich einmal, solange ich meine Stäbchen habe)? Viel Kraft und Langmut Dir und Euch! Jirro.

Beitrag 9 (Freitag, der 17. März 2023 - 16:07 Uhr)
Birgit01 Supporter (Nichtraucher|30 Beiträge):
Lieber Jirro, Nikotinersatzprodukte werden bei starker körperlicher Abhängigkeit empfohlen und erhöhen in diesem Fall auch die Wahrscheinlichkeit, abstinent zu bleiben. Wenn du pro Tag 15 Zigaretten geraucht hast, war deine Abhängigkeit vielleicht nicht sehr groß. Für die Abhängigkeit gibt es einen Test: Fagerström-Test. Wenn du z.B gleich nach dem Aufstehen eine Zigarette rauchst, spricht das dafür, dass deine Abhängigkeit sehr groß ist. Ich habe Lutschpastillen und Kaugummis benutzt und fand die sehr angenehm. Depressive Verstimmungen hatte ich auch, aber die kann man auch haben, wenn man keine NET benutzt.

Beitrag 10 (Samstag, der 18. März 2023 - 14:53 Uhr)
Jirro (Nichtraucher|4 Beiträge):
Liebe Birgit, (liebe Mitlesende,) dann haben die NRT sich für Dich bewehrt… Ich glaube, deprimieren kann daran, daß man ja immer noch Nikotin zu sich nimmt, und einem gewissen Mangel abzuhelfen versucht. Der Fagerström-Test bescheinigte mir auch eine starke Abhängigkeit. Aber gibt es Symptome einer körperlichen Abhängigkeit über die ersten Tage hinaus? Herzlicher Gruß, Jirro.

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